Michael Haydn, Foto: Salzburger Haydn-Woche

Die Geschichte von „Stille Nacht! Heilige Nacht!“, dem berühmtesten aller Weihnachtslieder, das heuer  200 Jahre alt wird, steht in enger Verbindung mit Michael Haydn und der Erzabtei St. Peter.

Fürsterzbischof Hieronymus von Colloredo hatte 1782 die generelle Einführung des deutschen Kirchengesanges verordnet, befand er doch neben der Bibellektüre „gute Kirchenlieder in der Muttersprache“ als eines der „fürtrefflichsten Mittel, den Gottesdienst erbaulich und zur Erweckung religiöser Gefühle beförderlich zu machen“. Diese Maßnahme brachte einen speziellen Kirchenlied-Typus hervor, der bis zu Franz Xaver Grubers „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ nachwirkte.

Ab dem Jahr 1783 durfte bei allen Gottesdiensten nur noch das neue Diözesangesangbuch Der heilige Gesang zum Gottesdienste in der Römisch-Katholischen Kirche Verwendung finden. Dieses Gesangbuch, das auf dem 1777 erschienenen Landshuter Gesangbuch basierte, wurde jedoch von den Gläubigen am Land rigoros abgelehnt, da die Gesänge zu schwierig waren.

Neuen Akzent in die Kirchenmusik

Michael Haydn nahm im Auftrag Colloredos eine Revision und Vereinfachung der Melodien vor und erweiterte das Repertoire durch eigene geistliche Lieder. Die „vermehrte und verbesserte“ Ausgabe des Heiligen Gesangs erschien 1790. Mit diesen deutschsprachigen Liedern, ihrem schlichten, volkstümlich-einfachen Duktus und den in Terzen geführten Oberstimmen brachte Michael Haydn einen neuen Akzent in die Kirchenmusik.

Franz Xaver Gruber folgte in seinen Kompositionen oftmals Michael Haydns kirchenmusikalischem Modell

Auch der Arnsdorfer Schullehrer und Organist Franz Xaver Gruber – er befand sich übrigens auch unter jenen, die 1821 für die Errichtung des Michael-Haydn-Denkmals in der Stiftskirche St. Peter spendeten – vertonte gerne Texte aus dem Heiligen Gesang und folgte in seinen Kompositionen oftmals in Stil und Besetzung Michael Haydns kirchenmusikalischem Modell. Der zweistimmige Vokalsatz des Stille-Nacht-Liedes im wiegenden 6/8 Takt entspricht mit seiner Terzen- und Sextenbewegung dem Typus der Pastorale und steht in der unmittelbaren Tradition des deutschsprachigen Kirchenliedes, wie es von Michael Haydn geprägt worden war.

„Stille Nacht! Heilige Nacht!“ — lange Zeit Michael Haydn zugeschrieben

So verwundert es nicht, dass sein „Stille Nacht! Heilige Nacht!“, das 1818 erstmals in der Oberndorfer St.-Nicola-Kirche erklang, lange Zeit Michael Haydn zugeschrieben wurde. Auch von König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, der das Lied besonders liebte. Als von seiner Hofkapelle das Stift St. Peter um eine Abschrift des Weihnachtsliedes gebeten wurde, konnte die Autorenschaft geklärt werden, zumal Grubers Sohn zu dieser Zeit sanktpetrischer Sängerknabe war.

Felix Gruber, der Enkel des Komponisten, schreibt in diesem Zusammenhang:

„Stille Nacht“ ist zum Volkslied geworden und teilt daher auch alle Freuden und Leiden eines solchen. Zu letzteren gehört wohl, daß sich lange niemand darum kümmerte, wer es denn gemacht hatte.  So wanderte (…) das Lied „ohne Geburtsschein und Heimatzeugnis“ in der Welt herum. Es wurde als „Volkslied aus dem Zillertal“ oder als „steirisches Volkslied“ angesprochen, ja in Deutschland war lange die (…) Meinung vertreten, Michael Haydn sei der Schöpfer der Melodie. Erst 1854 begann die Suche nach der Herkunft. Die königliche Hofkapelle in Berlin fragte im Benediktinerstift St. Peter an, ob dort vielleicht das Manuskript des „Weihnachtsliedes Stille Nacht von Michael Haydn“ sei. Felix Gruber, sein Sohn, befand sich damals als Sängerknabe im Stift…und so verfaßte mein Großvater die (…) „Authentische Veranlassung zur Komposition des Weihnachtsliedes ‚Stille Nacht, heilige Nacht‘, die er nebst Abschrift des Liedes nach Berlin schickte. So schlicht und einfach war also die Entstehung des Liedes. Alles, was später dazu gedichtet wurde, entspricht nicht den Tatsachen.

 

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