So ein Theater!
Warum brüllet ein ergrimmter Löwe im Rittersaal?
Im Rittersaal gingen frühe Werke W. A. Mozarts unter seiner Leitung das erste Mal über die Bühne, darunter auch Die Schuldigkeit des ersten und fürnehmsten Gebots KV 35.
Die opernlosen Monate während der Fastenzeit überbrückte man am fürsterzbischöflichen Hof zu Salzburg mit Oratorien in deutscher Sprache. Drei in sich abgeschlossene Geistliche Singspiele wurden an aufeinanderfolgenden Sonntagen szenisch oder halbszenisch aufgeführt.
Die Hofkomponisten teilten sich die Aufgaben.
So war Die Schuldigkeit des ersten und fürnehmsten Gebots ein Gemeinschaftswerk der damals angesehensten Komponisten am Salzburger Hof: W. A. Mozart − erst elf Jahre alt − schrieb den ersten, Michael Haydn (1737-1806) den zweiten und Hoforganist Anton Cajetan Adlgasser (1729-1777) den dritten Teil.
Nur Mozarts Beitrag (KV 35) blieb erhalten und wurde am 12. März 1767 im Rittersaal der Residenz aufgeführt.
„Donnerstag war anheut nach dem abendlichen Gebetläuten bey Hof in dem sogenannten Ritter Saal ein Oratorium … Den deutschen Text hat componiret Herr Weiser, ein Handels-und Ratsherr, die Musique hat componiret der Wolfgang Mozart, Knab alt von 10 Jahren.“ (P. Beda Hübner OSB, Diarium, 12. März 1767)
Die Schuldigkeit des ersten und fürnehmsten Gebots stellt eine Parabel mit allegorischen Figuren dar und wurde im Auftrag von Fürsterzbischof Sigismund Graf Schrattenbach, auf den die spezifisch salzburgische Tradition der Fastenoratorien zurückgeht, geschrieben.
Die Partitur des kleinen Mozart – das Autograph wird in der königlichen Bibliothek in Schloss Windsor verwahrt – zeigt zahlreiche Eingriffe von Vater Leopold.
Eine der Sängerinnen der Uraufführung war Michael Haydns spätere Frau, Maria Magdalena Lipp (1745-1827) – Tochter des salzburgischen Hoforganisten Franz Ignaz Lipp (1718-1798) und Erste Sopranistin am Salzburger Hof.
Sie sang immer wieder Partien in den Frühwerken Mozarts, so auch 1769 die Rosina in La finta semplice KV 51.
In der Schuldigkeit trat sie als „Göttliche Barmherzigkeit“ auf, u.a. mit der Bravour-Arie „Ein ergrimmter Löwe brüllet, der den Wald mit Forcht erfüllet, rings herum nach Raube sieht…“
Hören Sie jetzt hinein!
ÜBRIGENS …
Acht Jahre später wurde ein anderes Werk des jungen Mozart im Rittersaal uraufgeführt: seine Serenata Il re pastore KV 208, in der es um das Schicksal des jungen Hirten Aminta geht. Ob es für ihn und seine geliebte Elisa ein Happy End gibt?
Die Antwort hier in diesem „virtuellen Museum“, Mozart und der Rittersaal Teil 2!
Text: Dr. Sabine Krohn (Musik im DomQuartier)