Salzburger Nachfolgewerkstatt des Meisters des Goldfensters, Rosenhaimerfenster, um 1450

Heilige Maria, bitte für uns,
heiliger Rupert, bitte für uns,
heiliger Virgil, bitte für uns,
heiliger Emebert, bitte für uns,
heiliger Gelasius, bitte für uns,
heiliger Johannes, bitte für uns,
heiliger Franziskus, bitte für uns,
heilige Veronika, bitte für uns,
heiliger Hubertus, bitte für uns,
heiliger Sigisbert, bitte für uns,
heiliger Nepomuk, bitte für uns,
heilige Barbara, bitte für uns,
heilige Katharina, bitte für uns,
heiliger Stephanus, bitte für uns,
heiliger…


Bei der unzähligen Schar an Heiligen ist es nicht immer leicht den Überblick zu bewahren. Hinzu kommt, dass der eine oder andere Heilige sich einer Vielzahl an Namensvettern erfreut, wie beispielsweise Johannes, der über fünfzig Mal unter den Heiligen vertreten ist. Selbstverständlich verfügt jeder Heiliger und jede Heilige über einen eigenen Gedenktag. Doch bei der Fülle an Heiligen und Märtyrern:innen kann es schon einmal passieren, dass der eine oder andere Ehrentag vergessen wird. Glücklicherweise beschloss Papst Gregor IV. im 9. Jahrhundert das Hochfest Allerheiligen für die gesamte Westkirche festzulegen. Die Feier, die im Jahreskreis am 1. November begangen wird, ist ein Gedenktag zu Ehren der Gemeinschaft aller Heiligen, so konnte auch keiner mehr vergessen werden. Die Idee war keineswegs neu, sondern wurzelt in einer alten Tradition, die im Orient bereits im 4. Jahrhundert gepflegt wurde. An unterschiedlichen Tagen wurde in den Teilkirchen zu Ehren der heiligen Märtyrer ein Fest ausgerichtet.

Dommuseum Salzburg

Im Dommuseum Salzburg erwartet den Besucher:innen eine ganze Heiligenschar und heißt ihn in den feierlichen Räumen des Südoratoriums willkommen. So erstrahlt Maria, begleitet von der heiligen Barbara und der heiligen Katharina, im prächtigen Farbenglanz eines gotischen Kirchenfensters. Die Diözesanpatrone Rupert und Virgil begrüßen höchstpersönlich den eintretenden Besucher. Dank unerschütterlichem Gottesvertrauen überdauert der heilige Veit die Qualen in einem Kessel voll siedendem Öl. Kühn stellt sich der heilige Georg gegen den bösen Drachen, um durch Gottes Hilfe die Königstochter vor dem sicheren Tode zu bewahren.

Johann Michael Rottmayr, hl. Veit, um 1690

Doch wer waren nun all diese Heiligen? Was macht sie so besonders? Welche Aufgaben wurden ihnen zugewiesen? Bei unseren Vorfahren stand die Gemeinschaft der Heiligen hoch im Kurs, sie waren ständige Wegbegleiter ihres Alltags und wurden sehr verehrt. In einer von

Entbehrungen und Verlusten geprägten Zeit war

 das Bedürfnis nach Trost und Zuflucht groß. Gefährliche Arbeiten, Seuchen, Missernten und Hungersnöte, aber auch Unwetterkatastrophen oder Kriege bedrohten das Wohlergehen jedes Einzelnen. Für Menschen waren Heilige Nothelfer, Beschützer in höchster Not, ihre persönliche Anlaufstelle in allen Lebenslagen. Heilige treten als Mittler zwischen Gott und den Menschen auf, sie spenden Hoffnung und Trost. Im Zentrum der Heiligenverehrung steht der unbezwingbare Glaube der heiligen Märtyrer an Gott, sie sind Vorbilder und Fürsprecher vor dem Allmächtigen. Heilige waren den Menschen vertraut, einst Menschen wie wir, betete man zu ihnen und hoffte auf ihre Fürbitte vor dem Herrn.


Wer war das noch gleich…?!

Hl. Christophorus, 1622

Sollte das vorgebrachte Anliegen Aussicht auf Erfolg haben, war es notwendig, sich an den dafür zuständigen Heiligen zu wenden. Denn auch unter den Heiligen gibt es Spezialisten. Als Faustregel gilt: Das jeweilige Martyrium des Heiligen liefert den Hinweis darauf, für welche Art von Anliegen er oder sie zuständig ist. Erfreulicherweise bringen Heilige eine große Menge an „Talenten“ mit, weshalb sie in unzähligen Lebenslagen um Beistand angerufen werden können.

Der riesenhafte Reprobus, besser bekannt unter dem Namen Christophorus, bewahrt vor Feuer- und Wassergefahr, Dürre und Unwetter. Gleichzeitig ist er Schutzpatron der Seeleute, Autofahrer sowie Hutmacher und gilt zudem bei Seuchen als zuverlässige Anlaufstelle.

Krankheiten waren eine ständig präsente Gefahr. Die schlechten hygienischen Zustände, mangelnde medizinische Versorgung, begleitet von bitteren Hungersnöten, sorgten für eine andauernde Bedrohung des leiblichen Wohles der Bevölkerung. Krankheit, als Strafe Gottes begriffen, benötigte folglich himmlischen Beistand. Eigene Krankheitspatrone, meist Märtyrer die selbst großes Leid erdulden mussten, werden bei den verschiedensten Erkrankungen angerufen. So wird Johannes der Täufer, der den Märtyrertod durch Köpfen erlitt, bei Kopfleiden um Beistand angefleht, der heilige Georg wird bei fieberhaften Krankheiten und Seuchen um Hilfe angerufen. Gleichzeitig steht Georg aber auch den Rittern, Reitern und Schmieden als Schutzpatron zur Seite.

Attribute geben dem Gläubigen eine Orientierungshilfe zur Hand, um bei der Vielzahl der Heiligenschar nicht durcheinanderzugeraten. Diese Merkmale waren so populär, dass häufig die Darstellung des Symbols allein ausreichte, um den Heiligen zu identifizieren. Attribute können allgemein gehalten sein, wie etwa die Beigabe einer Märtyrerpalme. Individuelle Symbole, orientieren sich an der Vita des Heiligen und ermöglichen eine eindeutige Identifizierung. Die heilige Katharina erscheint mit dem Rad, welches durch Gottes Gnade zersprang, die heilige Barbara zeigt sich mit dem Turm, der heilige Stephanus wird mit drei Steinen in der Hand dargestellt. Aber auch Lebensweise oder Beruf der Heiligen können dem Hilfesuchenden Hinweis auf Patronat und Zuständigkeit liefern. Die heilige Notburga von Rattenberg, selbst eine Magd, ist zur Patronin der Bauern, Dienstmägde und Armen geworden und kennt deren Sorgen und Nöte, der heilige Josef von Nazareth, ein einfacher Tischler, hat ein offenes Ohr für alle Arbeiter, Handwerker und Zimmerleute.


Walfahrten und Votivgaben

Kieferoperation, 1861

Um der Heiligen zu gedenken und ihnen nahe zu sein, wurden die Grabstätten der Märtyrer wichtige Treffpunkte christlicher Gemeinden. Über den Gräbern errichtete Kirchen wurden zum Ziel unzähliger Wallfahrer. Reliquien, sterbliche Überreste oder Gegenstände des Heiligen, versprachen Hoffnung auf Heilung und Rettung aus höchster Not. An solchen Orten hinterlegte Votivbildchen und Gaben zeugten von gelungener Gebetserhörung und sollten die Dankbarkeit des Betroffenen zum Ausdruck bringen. Die Votivbilder, meist von lokalen Künstlern angefertigt, erzählen von unterschiedlichen Krankheiten, Leiden oder abgewendeten Katastrophen, die sich durch die Fürsprache der Heiligen in Wohlwollen auflösen. Der Dank wurde öffentlich zur Schau gestellt und diente anderen Hilfesuchenden als Hoffnungsträger. Das von Leopold Rodlbauer gestiftete Votivbild inklusive Kieferbeigabe, erinnert an dessen geglückte Kieferoperation im Jahre 1861. Über der Operationsszene ist das Mariahilfbild zu sehen. Die Fürbitte Mariens bei Gott wird zusätzlich durch die Anwesenheit des Jesuskindes verstärkt.


Ein schönes Beispiel der Heiligenverehrung in Verbindung mit Votivgaben, befindet sich im Virgiloratorium des Dommuseums. Eine Gruppe von Personen hat sich am Grab des heiligen Virgil versammelt, um dessen Beistand zu erbitten.

Pilger am Grab von Bischof Virgil, um 1670, Virgiloratorium, © Dommuseum / J. Kral


Die über dem Hochgrab angebrachten Votivgaben, in Form von Köpfen, Armen, Beinen und Krücken, zeugen von der erfolgreichen Heilung dank der Fürsprache des heiligen Bischofs Virgil. In der Kunst- und Wunderkammer können Votivgaben in unterschiedlichsten Formen und Materialien betrachtet werden. Die Nachbildungen verschiedenster Körperteile, ein Zeichen, dass diese Glieder oder Organe erkrankt waren, wurden aus Wachs, Holz, Stein oder Eisen gefertigt. Aber auch wertvolle Materialien wie Silber kamen zum Einsatz.

Votivherz, Kunst- und Wunderkammer

Votivfuß, 1861, Kunst- und Wunderkammer



Auch wenn der Heiligenkult heute viel von seinem Glanz eingebüßt haben mag, sind Heilige nicht vollkommen aus dem heutigen Leben verschwunden. Allerheiligen, das Fest aller Heiligen, mag uns einen Anstoß liefern, sich mit den Legenden und Geschichten aus alter Zeit auseinanderzusetzten und möglicherweise das Verhalten des einen oder anderen Heiligen zum Vorbild zu nehmen?!

Weitere Informationen über das Dommuseum.

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