HAPPY BIRTHDAY!

Am 24. Juni 1574 herrschte auf der mächtigen Burg Alt-Ems im heutigen Vorarlberg sicherlich hektische Betriebsamkeit: Nach Margaretha, Klara und Kaspar wurde der zweite Sohn von Reichsgraf Jakob Hannibal von Hohenems und Ortensia Borromea geboren: Marcus Sitticus.

Er sollte seinen Vater, der im Auftrag von Philipp II. von Spanien in den Niederlanden gegen Aufständische kämpfte, erst im Alter von zwei Jahren kennen lernen.


Family Buisness – das dichte Netzwerk der Hohenemser

Die Hohenemser waren mit den vornehmsten italienischen Familien in einem mächtigen Netzwerk verbunden, mit den Medicis, Borromeos und Madruzzos. Enge Beziehungen pflegte man zu den Borghese, den Aldobrandini, Visconti, den Gonzaga in Mantua.

Der Vater von Marcus Sitticus, Jakob Hannibal I., brachte es als erfolgreicher Landsknechtführer zu Ruhm und Geld. Seine Mutter Ortensia war die Halbschwester des 1610 heiliggesprochenen Kardinals Carlo Borromeo.

Die Hochzeit seiner Eltern war prunkvoll. Das Turnier im Belvederehof des Vatikan galt als sensationell – seit den antiken römischen Schauspielen habe man ein solches Fest in Italien nicht gesehen, hieß es.

Marcus Sitticus mt seinen Brüdern Kaspar und Wolf Dietrich II., der erst später hinzugefügt worden sein dürfte (1577, © Polička, Städtisches Museum und Galerie)


Großmutter Chiara entstammte den Mailänder Medici. Als ihr Bruder, Gian Angelo de’ Medici, im Jahr 1559 zum Papst (Pius IV.) gewählt wurde, bescherte dies der Familie weiteren gesellschaftlichen Aufstieg.

Der Kaiser würdigte das Verwandtschaftsverhältnis zum Papst, indem er die Hohenemser in den erblichen Reichsgrafenstand erhob. Papst Pius IV. ernannte seinen Neffen Carlo zum Kardinal und Erzbischof von Mailand sowie zum Generalstaatssekretär.


Familienbande: Papst Pius IV. (reg. 1559-1565).

Wesentliche Förderer und Wegbereiter der kirchlichen Karriere waren seine beiden  einflussreichen Onkel, Kardinal Carlo Borromeo und Marcus Sitticus III. Altemps (Marx Sittich).

Kardinal Marcus Sitticus, die prägende Figur, zog die Fäden von Rom aus. Er schrieb an seinen Bruder Hannibal: „Da aber Kinder aus dem Norden in Rom nicht gedeihen, wird es gut sein, ihn unter der Aufsicht des Kardinals Borromeo durch einen Präzeptor in Mailand erziehen zu lassen.“

Fünf Jahre später übersiedelte der junge Marcus Sitticus doch nach Rom und besuchte das Collegium Germanicum. Später studierte er in Siena, Bologna und Ingolstadt.

Seinem Cousin, Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau, verdankte er Kanonikate in Konstanz und Salzburg. Zudem wurde er Domherr in Augsburg und Dompropst in Konstanz.

Nach dem Sturz Wolf Dietrichs infolge des Salzstreits mit Bayern wählte ihn das Domkapitel auch wegen seiner guten Kontakte nach Italien zum Fürsterzbischof von Salzburg.


Imageprobleme – guter Cousin, böser Cousin?

Marcus Sitticus trug maßgeblich zur Entwicklung von Stadt und Land bei. Trotzdem flocht ihm die Nachwelt keine Kränze.

Der kritische Punkt, der dieses negative Urteil nach sich zog: der Umgang mit Fürsterzbischof Wolf Dietrich. Dass er seinen Vorgänger und Cousin bis zu dessen Lebensende auf der Festung Hohensalzburg einsperrte, hat ihm keine gute Nachrede eingebracht.

Eine Ausstellung und Tagung des Dommuseums 2012 versuchte das verrutschte Bild zurechtzurücken.

Reinhard Gratz, Direktor des Dommuseums: Marcus Sitticus regierte nur sieben Jahre, zwischen Wolf Dietrich und Paris Lodron, die beide nach vorherrschender Meinung die bedeutenderen Erzbischöfe waren. Diese Annahme erscheint unberechtigt, wenn man sich die Leistungen seiner kurzen Regierungszeit vor Augen führt. Zu seinen Verdiensten gehört auch das Fernhalten des Dreißigjährigen Krieges von Salzburgs Grenzen, indem er den Beitritt zur Katholischen Liga geschickt hinauszögerte. Die Regierungszeit des Marcus Sitticus war wohl mehr als nur ein „Zwischenspiel“.


Anton Boys, Das Gastmahl der Hohenemser, 1578. Ganz in Schwarz: Chiara de‘ Medici. Rechts: Jakob Hannibal I. mit schwarzem Hut, Marcus Sitticus III. im Kardinalsgewand und Ortensia Borromea. Vorne Markus Sitticus als Kind mit seiner Schwester (© Polička, Städtisches Museum und Galerie)


Marcus Sitticus stand bei Amtsantritt vor einer Menge ungelöster Aufgaben. Er trat kein leichtes Erbe an, nahm aber vieles zügig und energisch in Angriff. Sein Nachfolger, Paris Graf Lodron, konnte auf viele Lösungen zurückgreifen, die er entwickelt hatte.

1612 schloss Marcus Sitticus einen neuen Salzvertrag mit den Bayern ab, 1616 folgte eine Regelung für die Salzschifffahrt.

1617 gründete er gemeinsam mit dem Abt von St. Peter ein Gymnasium, aus dem später die benediktinische Universität hervorging. Die Salzburger „Paris-Lodron-Universität“ ist zu einem wesentlichen Teil der Verdienst Marcus Sitticus‘, der wichtige Vorarbeit leistete und den Grundstein der weitreichenden Reform des Bildungswesens für Priester, Beamte und aufstiegsorientierte Bürger legte.


Ein weiterer Schwerpunkt seiner Regentschaft: Die Verteidigung der katholischen Kirche gegen die Lehren Martin Luthers.

In der entschiedenen Durchsetzung der Gegenreformation orientierte sich Marcus Sitticus an Rom, immerhin hatte er mit Kardinal Borromeo und Papst Pius IV. zwei hochrangige Vertreter der Familie auf dem Stuhl Petri und in der römischen Kurie, die auch Schlüsselfiguren des Konzils von Trient waren.

Die Kehrseite seiner energischen Maßnahmen: Glaubenszwang und Vertreibung der Protestanten. Wer sich nicht zum katholischen Glauben bekannte oder sich bekehren ließ, musste das Land verlassen.


Prunk und Pracht – ein typischer Kirchenfürst seiner Zeit


Marcus Sitticus mit dem Dom und Hellbrunn (© Schloss Hellbrunn). Für beide Prestigebauten zeichneten Santino Solari (Architekt) und Arsenio Mascagni (Ausstattung) verantwortlich.

Marcus Sitticus galt als prachtliebend.

Als barockem Fürsterzbischof dienten ihm Bauten, Feste, Umzüge, Musik und Theater, Fasnacht-Umzüge venezianischer Art sowie opulente Kirchenfeste und Prozessionen zur Repräsentation seines Hofes, des Landes und der katholischen Kirche.

Das öffentliche Auftreten des Herrschers und seines Gefolges wurde mit größtmöglichem Schaugepränge inszeniert – ein Gesamtkunstwerk, wie in der Zeit von Renaissance und Barock üblich.

Er gebe gern „schöne Comet(i)en zu der Ehr Gottes“, habe sich mit „Music, Comödien, Mumerey und Aufzügen belustigt, die er auch in Geistlichen Sachen habe sehen lassen…“

Die prunkvolle Hofhaltung paarte sich mit religiöser Strenge. Marcus Sitticus wird als andächtig und fromm beschrieben, sein Sekretär und Chronist Johann Stainhauser unterstrich seine „Gottesfurcht und gottselige Andacht“.

Er gründete und förderte Bruderschaften sowie mit Prozessionen und theatralischen Zeremonien ein sinnliches Erlebnis der Glaubensinhalte. In seiner Person vereinten sich Frömmigkeit und Prunkliebe in bester italienisch geprägter Barockmanier – wie  von seinen berühmten Onkeln Carlo Borromeo und Marcus Sitticus d’Altemps vorgelebt.


Der großer Auftritt forderte damals wie heute ein repräsentatives Outfit: Marcus Sitticus legte großen Wert auf prunkvolle Ornate (gestickter Marcus-Sitticus-Ornat, 1612/1619; Salzburger Dom, Domschatz)

Mit seinem Prunk-und Prachtbewußtsein handelte sich Marcus Sitticus viel Kritik  ein. Man warf ihm luxuriösen Lebenswandel und Verschwendungssucht vor.

Heute herrscht durch die breitangelegte Residenz-und Hofforschung der letzten Jahre auch eine andere Lesart: Die öffentliche Herrschaftsinszenierung war unabdingbar für die Positionierung im politischen Gefüge Europas.

Als hochrangiger Reichsfürst musste sich auch der Fürsterzbischof von Salzburg im Verband der Höfe des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation angemessen (re)präsentieren, um konkurrenzfähig zu bleiben.

Die höfische Kultur, ihre Zeremonien, Feste und Rituale dienten also nicht nur der Selbstdarstellung und dem (Privat)Vergnügen, sondern waren auch Staatsakt – res publica. Ein Regierungs-Instrument, um politische Macht zu festigen, und das nicht nur nach außen, sondern auch nach innen. Mit der gesteuerten Belustigung und Beeindruckung des Volkes ließ sich auch dessen Zustimmung und Akzeptanz der Herrschaft sichern.


Schon damals: Überall Musik! Die ganze Stadt ist Bühne!

Unter Marcus Sitticus fanden in Salzburg das ganze Jahr Fest-Spiele statt – Feste zur Ehre Gottes, zum Ruhme des Fürsten, zum Amüsement von Hofstaat und hohen Gästen.

Er brachte internationales Flair nach Salzburg und machte seine Residenzstadt zu einem Ort historischer Premieren sowie zum Treffpunkt prominenter Komponisten und Musiker.

Er holte als erster Fürst außerhalb Italiens die neuen musikdramatischen Unterhaltungsformen aus dem Süden an seinen Hof und schrieb damit (Musik)Geschichte.

Durch ihn übernahm Salzburg eine Brückenfunktion für den Transfer neuer musikalischer Gattungen aus dem benachbarten Italien. Wie das „Dramma per musica“ – die Verknüpfung von Musik, Drama und Szene, das Ende des 16. Jahrhunderts in Florenz entstanden war.

Die erste Oper nördlich der Alpen ging im Carabinierisaal seiner Residenz über die Bühne.

Er brachte auch öffentliche Spektakel venezianischer Art nach Salzburg: Carneval, mit Masqueraden, Bällen, Comoedien, Opern, Spiel-Gesellschafften, Gastereyen und andern dergleichen Ergötzlichkeiten.

Pure Prasserei, notwendige politische Aktion, echte Theater-Leidenschaft – für Salzburg war sein Hang zum barocken Spektakel letztlich Goldes wert. Schließlich trug dieses glanzvolle kulturelle Erbe, die bedeutende und große musikalisch-theatralische Tradition dazu bei, dass Salzburg Festspielstadt wurde.

 In diesem Sinne: Danke und alles Gute zum Geburtstag, Herr Fürsterzbischof!


Wappen von Marcus Sitticus auf seiner violetten Kasel: der Salzburger Löwe mit dem hohenemsischen Steinbock (Detail, Salzburger Dom, Pramentenkammer)

 

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Fürsterzbischof Marcus Sitticus hat mit seiner Bautätigkeit und seiner Liebe zu Theater, Tanz, Musik und rauschenden Festen beide Häuser wesentlich geprägt – die Residenz mit dem Dom in der Salzburger Altstadt und das Lustschloss in Hellbrunn, das er als Rückzugsort und Sommersitz nutzte.

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