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Auffindung des hl. Kreuzes durch die Kaiserin Helena

Nicola Grassi (1682 - 1748)

Auffindung des hl. Kreuzes durch die Kaiserin Helena
1734-35
Gemälde
Öl/Leinwand
Bildmaß 113,5 x 73 cm
Rahmenmaß 134,7 x 94,9 x 8,3 cm
323
In der Ausstellung
Italienischer Barock
© Residenzgalerie Salzburg, Aufnahme Fotostudio Ulrich Ghezzi, Oberalm

Nicola Grassi (1682 Formeaso di Zuglio | Carnia – 1748 Venedig)
Interpretierende Kopie nach Sebastiano Ricci (1659 Belluno – 1734 Venedig)

Auffindung des hl. Kreuzes durch die Kaiserin Helena 1734–1735

Im Rahmen der im Jahr 2024 durchgeführten restauratorischen Maßnahmen am Salzburger Gemälde konnte durch naturwissenschaftliche Analysen die Verwendung von Bleiweiß, Ocker, rotem Ocker, rotem Farblack (auf aluminiumhaltigem Träger), Neapelgelb, Zinnober, Indigo sowie Kohlenstoffschwarz (eventuell Beinschwarz) nachgewiesen werden.
Das Nicola Grassi zugeschriebene (z. B.: Rizzi 1993, Lucchese 2018) Gemälde wurde schon 13 Jahre vor seinem Ankauf im Jahr 1968 als Leihgabe sowie als Arbeit Sebastiano Riccis, in Zusammenhang mit seinem Altarbild in der Kirche San Rocco in Venedig, in der Residenzgalerie Salzburg präsentiert (Willvonseder 1955). Es ist Teil einer Werkgruppe, in der Grassi virtuose Schöpfungen venezianischer Meister des 18. Jahrhunderts in einer für Kenner ersichtlichen Weise als Kopist interpretierte. Lucchese geht von einer Entstehung von Grassis Auffindung des hl. Kreuzes kurz nach der Fertigstellung von Riccis, am 27. September 1733
bezahlten, Altarbild in San Rocco aus. Zudem verweist Lucchese auf einen Kupferstich von Gottfried Eichler, der die Kenntnis von Grassis Werk voraussetzt und mit variiertem Hintergrund 1735 entstand, wodurch er das Salzburger Gemälde auf 1734–1735 datiert. Die Inschrift im mittleren, unteren Bereich von Eichlers Stich – Nicolaus Grassi pinx. di Venetia / Gottfrid Eichler sculps. Et excud. Aug. Vin. – im Festsaal des barocken Kellerschlössels der Domäne Wachau in Dürnstein verweist auf Nicola Grassi als Maler der Auffindung, die Gottfried Eichler gravierte und druckte.
Kaiserin Helenas Jerusalemreise, die der Kreuzauffindung (lat.: inventio crucis) galt, wird in der Legenda Aurea beschrieben. Unter den drei im Zuge der Suche entdeckten Kreuzen konnte das wahre Kreuz Christi von jenen der beiden Schächer durch das Wunder einer Totenerweckung unterschieden werden. Das Gemälde fasst mehrere der in der Legenda Aurea beschriebenen Episoden dieser Geschichte in einem Bild zusammen, hält sich jedoch nicht strikt an die Details. Der Erzählung folgend, erbebte nach Judas’ Gebet in Golgatha der Boden, und der Duft wunderbaren Räucherwerkes kennzeichnete die Stelle der verborgen liegenden Kreuze, im Gemälde verbildlicht durch die sich hinter den Figuren erhebende Rauchsäule. Im schmalen, dunkel verschatteten Bildvordergrund zeugen Harke und Schaufel von der Ausgrabung der drei Kreuze, von denen jedoch nur eines im Bild zu sehen ist. Die Marterwerkzeuge Lanze, drei Nägel und Dornenkrone in den Händen der Engel weisen das aufgerichtete Kreuz ebenso als wahres Kreuz Christi aus wie der davor kniende, wiedererweckte Jüngling. Nur ein weißes Tuch bedeckt seinen als Aktdarstellung ausgeführten Körper. In ausladender Gestik reckt er seine Hände zum Gebet empor. Im Sinne einer Repoussoir-Figur leitet er durch seinen den Betrachtenden zugewandten Rücken deren Blicke ins Gemälde und trägt genauso zur optischen Tiefenwirkung bei wie die gestaffelt ins Bild gesetzten Personen – etwa die mit den Betrachtenden beinahe kokettierende Frau oder der in einer Verbeugung verharrende Jüngling. Er präsentiert Krone und Zepter der Kaiserin Helena, die mit ihrer rechten Hand ergriffen das Kreuz Christi berührt. Ihre erkennbare Gefühlsregung ist nur ein Beispiel für das an Emotionen reiche Werk. Anders als Ricci in seinen Ausführungen des Sujets verzichtet Grassi auf die Darstellung von Fackelträger und Totenbahre. Entsprechend ihrer Funktion führte der Künstler die Figuren in leuchtenden wie auch in abgetönten Farben aus. Seine Farbwahl sowie die zahlreichen rosafarbenen Akzente entsprechen dem Stil des Rokokos.

DUCKE Astrid: 55 Nicola Grassi (1682 Formeaso di Zuglio | Carnia – 1748 Venedig),
Interpretierende Kopie nach Sebastiano Ricci (1659 Belluno – 1734 Venedig), Auffindung des hl. Kreuzes durch die Kaiserin Helena 1734–1735, in: Residenzgalerie Salzburg I DomQuartier Salzburg GmbH, Kunsthistorisches Museum Wien (Hrsg.): Die Farben der Serenissima. Venezianische Meisterwerke von Tizian bis Canaletto. The Colours of la Serenissima. Venetian masterworks from Titian to Canaletto. Salzburg 2024, S. 238-241