Bacchus und Ariadne

Auf einem Wolkenband sitzend trägt Bacchus, der jugendliche Gott des Weines und der Ekstase, Ariadne, die Tochter des Königs Minos von Kreta, zum Himmel empor. Über den Kopf der Schönen hält ein kleiner Putto einen Sternenkranz – ehemals die edelsteinbesetzte Krone des Weingottes, die er während der Hochzeitsfeierlichkeiten mit der Königstochter zum Firmament warf und die heute noch als Corona Borealis am Nachthimmel zu sehen ist. Mit ausladendem Gestus und entblößtem Oberkörper neigt Ariadne sich zu Bacchus, der ihr von hinten unter die Arme greift. Die Darstellung in leichter Untersicht unterstützt die Aufwärtsbewegung des Liebespaares.
Bei dem oval gefassten großformatigen Gemälde handelt es sich um eine Apotheose. Ariadne ist bereits allem Irdischen entrückt und wird, im Himmel angekommen, von Jupiter mit der Unsterblichkeit belohnt.
Giacomo del Pò stellt den glücklichen Ausgang einer in verschiedenen Versionen überlieferten mythologischen Sage dar. Minotaurus, Ariadnes Halbbruder mütterlicherseits, ist ein blutrünstiges Mischwesen, halb Mensch, halb Stier, das alle sieben Jahre Menschenopfer fordert. Als es wieder so weit war, kann der junge Held Theseus das Ungeheuer in seinem Gefängnis – einem Labyrinth besiegen. Mithilfe Ariadnes, die ihm gegen ein Eheversprechen empfiehlt, den Weg mit einem Wollfaden zu markieren, gelingt ihm die sichere Rückkehr. Als sie gemeinsam mit einem Schiff Kreta verlassen und auf der Insel Naxos rasten, verlässt Theseus die schlafende Ariadne. Nach ihrem Erwachen sieht sie das Schiff ihres Geliebten am Horizont verschwinden und will sich von einem Felsen ins Meer stürzen. Bacchus, der vorbeikommt, verliebt sich in die Verzweifelte, rettet sie und nimmt Ariadne zu seiner Gemahlin.

HABERSATTER Thomas: Pò Giacomo del, Bacchus und Ariadne, in: DUCKE Astrid, HABERSATTER Thomas, OEHRING Erika: Meisterwerke. Residenzgalerie Salzburg. Salzburg 2015, S. 20