Der verlorene Sohn
Jan Weenix der Jüngere (um/c 1641 - 1719)
Rahmenmaß 138,5 x 126,5 x 7 cm
Der Erfinder phantastischer südlicher Hafenszenen inszeniert das beliebte Bildthema des verlorenen Sohnes (Lk 15,11-32) vor einer imposanten Palastarchitektur. Das prachtvolle Architekturcapriccio gibt ebenso wie die Küstenlandschaft im Hintergrund Zeugnis von Jan Weenix’ Begegnung mit Rom und Italien. In der Nähe einer sehr freizügigen Gesellschaft nimmt der in kostbaren Brokat gekleidete Sohn Abschied von seinen alten Eltern. Mit weit ausholender Geste weist er auf die zur Reise aufgezäumten Pferde. Zugleich fällt der Blick der Betrachter auf das lasterhafte Treiben und das Verprassen des Erbes mit den leichten Mädchen. Schließlich zeigt sich das reumütige Ende in der Figur des im Mittelgrund rechts auf dem Boden Kauernden. Weenix ist an einer exakten Abfolge der biblischen Erzählung wenig interessiert.
Er verdichtet den gesamten Verlauf in einem einzigen Bild. Einmal mehr erweist er sich als Meister der präzisen Wiedergabe stofflicher Qualitäten. Effektvoll inszeniert er das ausschweifende Gelage dieser Bordellszene, einer als bordeeltje bezeichneten und gefragten Thematik. Die enthaltene Mahnung ist eindringlich, denn knapp vor dem elegant arrangierten Prunkgeschirr öffnet sich schon der Abgrund.
OEHRING Erika: Weenix Jan der Jüngere, Der verlorene Sohn, in: DUCKE Astrid, HABERSATTER Thomas, OEHRING Erika: Meisterwerke. Residenzgalerie Salzburg. Salzburg 2015, S. 60