Dorfschenke mit vier Figuren

Das Gemälde entsteht ebenso wie die „Tabakraucher und Trinker“ in der Zeit, in der Ostade das Bauerninterieur im 17. Jh. zu einem eigenständigen Genre entwickelt.
Mittelpunkt sind immer wieder kleinere Gruppen von trinkenden, angeheiterten und im Rausch vor sich hin dämmernden Figuren mit grimassenhaft verzerrten Gesichtern. Ebenso gibt es Szenen mit randalierenden Bauern und Bäuerinnen inmitten von umgeworfenen Möbelstücken und Gegenständen. Die in der Regel wohlsituierten Käufer von Ostades Bildern belustigen sich am triebhaften Verhalten der ihrer Ansicht nach rückständigen und komischen Leute vom Land. Bis in das 15. Jh. reicht die Tradition des niederländischen Bauerngenres zurück und manifestiert sich im 16. Jh. in der Malerei des Flamen Pieter Bruegel d. Ä. (1525–1569).
Ostades „Dorfschenke“ ist ein Tisch in der Ecke einer Scheune. An einer der Planken sind Schuldstriche zu erkennen. Das seitlich durch einen Verschlag einbrechende Licht lässt die Struktur der gekalkten Wand und eines Strohbündels hervortreten. Drei Figuren haben ihre Hüte tief in ihre grimassenhaft verzerrten Gesichter gezogen. Dieses Stilmittel hat Ostade von Adriaen Brouwer übernommen, der in seinen Bildern der 1620er- und 1630er-Jahre Affekte und Gemütszustände drastisch wiedergibt. Davon zeigt sich Ostade noch in seinem Frühwerk stark beeinflusst, gelangt aber bald zu einem unverwechselbaren eigenen Ausdruck.
Der dem Thema innewohnende allegorische Aspekt des Lasters steht im Salzburger Bild weniger im Vordergrund. Tragende Rolle spielt das Licht, das zusammen mit dem gedämpften Kolorit Raum und Figuren zu einer atmosphärischen Einheit verschmelzen lässt und mit seinem lebhaften Hell-Dunkel auf den Einfluss des jungen Rembrandt verweist.

OEHRING Erika: Ostade Adriaen van, Dorfschenke mit vier Figuren, in: DUCKE Astrid, HABERSATTER Thomas, OEHRING Erika: Meisterwerke. Residenzgalerie Salzburg. Salzburg 2015, S. 50