Kaffeehausgespräch
Johann Michael Neder (1807 - 1882)
Rahmenmaß 52 x 46,2 x 6,4 cm
Äußerst beunruhigt wirken die drei gut gekleideten Herren am schlichten Kaffeehaustisch. Mit weit aufgerissenen Augen starrtder links am Tisch Sitzende vor sich hin. Beschwörend, möglicherweise beruhigend, umfasst der Gast mit dem Zylinder dessen Handgelenk. Entsetzen steht auch dem dritten Gast am Tisch ins Gesicht geschrieben, mit scharfer Überzeichnung hin ins Karikaturhafte. Wenige sprechende Details laden ein, die Rätselhaftigkeit der Situation zu ergründen. Auf ein zerknülltes Blatt Papier zu Füßen des Unseligen macht ein kleines Hündchen deutlich aufmerksam. Ist dies eine Depesche mit unheilvoller Nachricht? Die karge Ausstattung des Lokales lässt auf ein Kaffeehaus in der Vorstadt schließen. Hat man dieses Etablissement gewählt, um unerkannt konspirative Geschäfte zu betreiben? Dem Betrachter bleiben lediglich Spekulationen. Das Werk ist, charakteristisch für Neder, ohne moralisierenden Anspruch. Er erreicht mit der ihm eigenen klaren Bildsprache, der eine eigentümliche Ruhe zugrunde liegt und der Beschränkung auf dunkle Farben, eine zunehmend beunruhigende Stimmung. Seine besondere Form des Realismus, u.a. angeregt von der Gebrauchsgrafik zeitgenössischer Stichillustrationen und übertragen in eine spröde Malweise, erregt die Aufmerksamkeit und erreicht die Gefühle der Betrachter.
Mayr-Oehring Erika: NEDER Johann Michael, KAFFEEHAUSGESPRÄCH Kat. Nr. 20. In: Mayr-Oehring Erika (Hrsg.): Tischgesellschaften. Malerei des 16. - 20. Jahrhunderts. Residenzgalerie Salzburg, Salzburg 2003, S. 120, Abb. S. 121