Musizierende Gesellschaft in einem Renaissance-Palast
Rahmenmaß 109 x 144 x 6,5 cm
Der Antwerpener Maler, Architekt und Theoretiker Hans Vredeman de Vries (1527–um 1606) entwickelte Ende des 16. Jahrhunderts erste eigenständige Architekturstücke. Seine umfangreichen Handbücher zur Perspektive und seine Studien von fantastischen Palast-, Hof- und Gartenanlagen boten der nachfolgenden Künstlergeneration Grundlagen für eigene Gemälde.
Eine vermittelnde Rolle übernimmt der holländischeMaler Dirk van Delen (1605–1607), dessen ideale Palastszenen von den Arbeiten des Antwerpeners wesentlich beeinflusst wurden. Seine "Musizierende Gesellschaft in einem Renaissance-Palast" von 1632 zeigt noch die typische fantastische Architektur mit klarem Fluchtpunkt, die auch Hans Vredeman de Vries’ Werk auszeichnet. Perspektivisch laufen sämtliche Linien – Decke, Wände, Fensterachsen und Bodenfließen – exakt auf einen Punkt knapp über dem roten Federbusch des modisch gekleideten Mannes vor der Wandorgel in der mittleren Personengruppe zusammen.
Der Raum zeigt noch die strenge Gliederung der ausgehenden Renaissance. Einzelne Architekturelemente werden durch Weiß-, Schwarz-, Braun- und Blautöne definiert.
Farbliche Tupfer finden sich in den Staffage figuren, die Delen in seinen Gemälden entweder von Spezialisten wie Dirck Hals (1591–1656) und David Teniers d. J. (1610–1690) ausführen ließ oder diese selbst aus Gemälden anderer Künstler herauskopiert beziehungsweise als Modell für eigene Figuren herangezogen hat. Obwohl van Delen der künstlerischen Entwicklung der holländischen Malerei folgte und von den bunten Farben der Flamen zur milderen Tonigkeit und feineren Beobachtung des Lichts überging, blieb er Zeit seines Lebens den Fantasiearchitekturen Vredeman de Vries’ treu.
Habersatter Thomas: Schauplätze des Alltags. Das Architekturbild im „Goldenen Zeitalter“. In: Oehring Erika (Hrsg.): Goldene Zeiten. Holländische Malerei des 17. Jahrhunderts, Salzburg 2019, S. 201-212, Dirck van Delen, Musizierende Gesellschaft in einem Renaissance-Palast, S. 204-205, Abb. 78, S. 205