Selbstbildnis

Federico Baroccis Gesamtwerk wird durch seine zahlreichen Andachts- und Altargemälde sowie von seinen hunderten erhaltenen Zeichnungen und Skizzen geprägt. Dass er nebenbei ein begabter Porträtist ist, zeigt sein feinfühliges Selbstbildnis. Ein Vergleich mit anderen Bildnissen lässt eine Entstehung um 1600 vermuten.
Barocci hat ein sehr ausdrucksstarkes, aber gleichsam intimes Bildnis hinterlassen: eine Momentaufnahme und Charakterstudie. Mit großen Augen und wachem Blick, die Distanz jedoch wahrend, nimmt der Maler den Betrachter in Augenschein. Die linke Gesichtspartie ist verschattet, die rechte in einem lichten, pastellartigen Kolorit mit durchsichtigen Farbschattierungen gestaltet. Das kann auf die vorbildhafte Wirkung Antonio da Correggios und venezianischer Renaissancekünstler zurückgeführt werden. Barocci arbeitet mit fließenden, ineinander gesetzten Farbflächen, die von unterschiedlichen Grauabstufungen bis zu Ocker reichen. Mit schnellem Pinselduktus gestaltet er den gekrausten Kragen. Die eingefallenen Wangen und der blasse Teint verweisen auf eine langjährige, schwere Krankheit und seinen dauerhaft schlechten Gesundheitszustand. Barocci äußerte den Verdacht, wegen seines Talentes bei seinem Romaufenthalt von neidischen Kollegen vergiftet worden zu sein. Zeitgenossen beschreiben ihn als mürrisch und hypochondrisch. Trotz alledem erfreute er sich bis zum Lebensende dank seines herzoglichen Gönners am Urbiner Hof eines hohen Ansehens und erhielt zahlreiche Aufträge geistlicher und weltlicher Würdenträger.
Eine Replik des Salzburger Gemäldes befindet sich in der Galleria degli Uffizi, Florenz (Inv. Nr. 1848), eine Vorzeichnung im Martin von Wagner Museum, Würzburg (Inv. Nr. 7205) und eine Werkstattkopie in der Galleria Nazionale delle Marche, Urbino.

HABERSATTER Thomas: Barocci Federico, Selbstbildnis, in: DUCKE Astrid, HABERSATTER Thomas, OEHRING Erika: Meisterwerke. Residenzgalerie Salzburg. Salzburg 2015, S. 10