Junger Trinker

Der Utrechter Caravaggist, in Rom „Gherardo della Notte“ genannt, wird für seine von künstlichem Licht erhellten Historien- und Genrebilder gerühmt.
Thematische Vielfalt bestimmt das OEuvre des produktiven, gewandten und europaweit geschätzten Künstlers, der bekannt ist für seine erotisch aufgeladene Genremalerei.
Einladend wendet sich der „Junge Trinker“ an die Betrachter. Den Berkmeyer soeben gefüllt, den Steinkrug noch nicht abgestellt, hält er inne. Die intime Szenerie wird vom künstlichen Licht einer verdeckten Kerzenflamme schlaglichtartig ausgeleuchtet. Der formatsprengende Bildausschnitt ist gespeist vom erdigen Naturalismus seines großen römischen Vorbildes. Die anatomisch weniger überzeugende Armhaltung gab in der Vergangenheit Anlass zur Diskussion um die Autorenschaft.
Der junge Mann mit geröteter Nase vergnügt sich beim Wein mit erotischen Betrachtungen. Seine aufgeschlagene Lektüre ist hell ausgeleuchtet. Zu sehen ist Minerva, die von Bacchus, Amor und der nackten Venus niedergerungen wird, d. h. Wollust sowie Trunksucht triumphieren über Wissenschaft und Weisheit (M. Dekiert). Diese Variation zum Thema pflichtvergessener Student bei den Huren steht in der Tradition der moralisierenden Studentenikonografie des 17. Jh.s. Allerdings fehlt im Salzburger Bild der Hinweis darauf, dass die lebensfrohe Leichtfertigkeit bald in Reue umschlagen wird.

OEHRING Erika: Honthorst Gerard (Gerrit) van, Junger Trinker, in: DUCKE Astrid, HABERSATTER Thomas, OEHRING Erika: Meisterwerke. Residenzgalerie Salzburg. Salzburg 2015, S. 46